Tag 1:

Heimstetten - Gauting – Weilheim – Murnau – Garmisch-Partenkirchen – Fernpass – Imst – Landeck – Reschenpass – Meran – Gampenpass – Fondo – Lago di Santa Giustina – Mezzolombardo – Trento – Lago di Toblino – Riva del Garda – Limone sul Garda – Vesio

Treffpunkt und Abfahrt in Gauting. Das Wetter ist sonnig und warm. Über Weilheim und Murnau nach geht es erst mal nach Garmisch. Kurz nach Weilheim überfällt uns plötzlich Regen. Die Allwetterkombi macht sich bezahlt: die Frisur hält.

In Garmisch sind die Auswirkungen des diesjährigen BMW-Treffens deutlich zu spüren. Weißblaue Enbleme so weit das Auge reicht. Auch viele Exoten und Umbauten sind darunter. Ich falle hier mit meiner 94er Africa Twin richtig auf! Von Garmisch geht es weiter über den Fernpass.

Man merkt, dass dies einer der meistbefahrensten Alpenpässe ist. Insbesondere vor der Brücke am Fernsteinsee geht mal wieder gar nichts voran. Ob das vor 2000 Jahren, als die Römer den Pass für Ihren Bernsteinhandel nutzten auch schon vorkam? Eher nicht! Zeit hatte damals überhaupt ganz andere Dimensionen.

Weiter zum Reschenpass. Hier überqueren wir die ehemalige Grenze und befinden uns im Vinschgau. Inzwischen haben wir herrlichstes Sommerwetter, so dass die Fahrt entlang des Reschensees zum Genuß wird. Auch der aus dem See ragende Kirchturm von Alt-Graun begrüßt uns in gewohnter Weise. Mittlerweile – der See hat einen niedrigen Pegel – steht die Ruine in einer Art Lagune, so dass er zu Fuß umwandert werden kann.

Zur Mittagspause stimmen wir uns schon mal auf die norditalienische Küche ein. Nur den Roten verkneifen wir uns noch bis zum Abend.

Die Strecke nach Meran zieht sich wie immer unendlich, hier ist alles unterwegs, was Räder hat. Wir durchqueren so weit es geht zügig diese zweitgrößte Stadt Südtirols, die jahrhundertelang Tiroler Landeshauptstadt war. Immer wieder beeindruckend: das mediterane Flair dieser Stadt.

Jetzt steuern wir aber erst mal höhere Gefilde an: den Gampenpass! Zig-mal gefahren aber immer wieder ein Vergnügen. Der restliche Verkehr ist hier i. d. R. überschaubar und man hat anfangs schöne Aussichten auf Meran, das Etschtal und die riesigen Obst- und Weinanbauflächen. Nach der Passhöhe – hier verlief übrigens von 1810 bis 1815 die Grenze zwischen dem von Napoleon neu gegründeten italienischen Staat im Süden und dem Königreich Bayern im Norden - geht es ins Nonstal (Val di Non) und weiter nach Fondo.

Vorbei an der San Giustina-Talsperre steuern wir als nächstes Trento (früher Trient, trentinisch: Trènt, ladinisch: Trënt) an, die Hauptstadt des Trentino (Welschtirol). Da wir mitten in den Freitag-Abend-ich-will-nach-Hause-Verkehr geraten, suchen wir schleunigst den Weg nach Westen Richtung Gardasee. Diesen Routenabschnitt genieße ich heute besonders. Es ist gefühlte Jahrzehnte her, dass ich hier zuletzt unterwegs war. Wir passieren den malerisch gelegenen Toblino See mit der darin gelegenen Seefestung Castel Toblino.

Als wir den kleinen Ort Pietramurata durchqueren muss ich an meine ersten Geh- oder besser: Fahrversuche im dortigen „Ciclamino“ denken. Auweia! Motocross mit der XT 600! Damit nahm das Unheil seinen Lauf…

Als ich aus meinen nostalgischen Ergüssen erwache, sind wir schon fast in Riva del Garda. Schwer vorstellbar, dass auch dieser Ort einst Teil der k.u.k.-Monarchie war und damals „Reiff am Gartsee“ genannt wurde. Im Ort fällt mir auf, dass ich schon viel zu lange nicht mehr hier war, denn die Verkehrsführung hat sich total geändert. Daher zirkeln wir beim einen oder anderen Kreisverkehr auch mehrfach herum, bis die richtige Ausfahrt gewählt ist. Alle, die eine gewisse Müdigkeit verspürten, sind jetzt wieder wach.

Irgendwann sind wir dann doch am südlichen Ende des Ortes auf der Gardesana Occidentale. Dieser wunderbare Blick auf den Gardasee sagt mir jedes mal: Wir sind da (auch wenn noch gute 20 km vor uns liegen)! Über die Fahrt auf der Gardesana braucht man nicht viele Worte verlieren. Wir haben Glück und kommen zügig voran. Keine Busse, die in den Tunnels feststecken, keine Schleicher – was will man mehr?

Schließlich erreichen wir Limone sul Garda, von wo wir uns nach rechts in die Berge schlagen und auf engen, gewundenen Sträßchen nach Vesio kommen. Schön zu sehen, das sich die Veränderungen der letzten Jahre in Grenzen halten. Es gibt eben doch noch Fleckchen, an denen die Zeit still zu stehen scheint. Wir beziehen für die nächsten 3 Nächte unser Quartier und genießen den wohlverdienten Rotwein zum üppigen Abendessen.

Tag 2:

Vesio – Tignale – Gargnano – Valvestino – Lago di Valvestino – Idro – Lago di Idro – Anfo – Passo di Maniva – Giogo del Maniva – Passo del Groce Domini – Bagolino – Lodrone – Storo – Passo di Ampola – Tremalzo – Tiarno – Lago di Ledro – Riva del Garda – Limone sul Garda - Vesio

Von Vesio aus starten wir in südlicher Richtung. Vorher wird aber noch getankt. Trotz der abgelegenen Lage des Bergdorfes leistet man sich hier eine eigene Tankstelle. Kuriosität am Rande: die Tanke gehört zur Metzgerei! Falls niemand zu sehen ist (kein Self-Service!) kurz hupen und schon eilt der Metzger herbei, wischt die Hände noch in seine Schürze, schaltet den Strom ein und betankt unsere Bikes. Auch nett zu erzählen: das letzte Mal war ich vor etwa 20 Jahren hier; damals hätte ich den sympathischen Nonno auf etwa 70 Lenze geschätzt. Und er tankt immer noch…

Winzige Bergsträßchen, in denen sich Kurve an Kurve reiht, führen uns kurz vor Gargnano wieder zurück zur Gardesana. Die Ausblicke auf den Gardasee und das Monte Baldo-Massiv sind atemberaubend. Man muss sich zwingen, den Blick auf Strasse und Verkehr zu konzentrieren.

In Gargnano nehmen wir rechts den Abzweig mit der Beschilderung nach Capovalle und zum Lago d‘Idro. Auch hier ist der Streckenverlauf abwechslungsreich. Wer auf kurvenfreie Teilstücke hofft, wird enttäuscht. Bis zum Lago di Valvestino dominieren schnelle Rechts-/Links-Wechsel das Streckenprofil. Lediglich die Brücken über den See sind schnurgerade.

Etliche Kurven und Kehren später kommen wir zum Idrosee. Dieser malerisch gelegene, natürliche Stausee ist touristisch bei Weitem (noch) nicht so erschlossen wie der Gardasee, was ihm vielleicht auch seinen besonderen Reiz gibt.

Im kleinen Ort Anfo am Westufer zweigen wir zum Passo Maniva ab. Der Weg dorthin führt über ein enges Sträßchen das sich schnell über unzählige Kehren in die Höhe schraubt.

Am Rifugio Rosa Baremone machen wir Rast und stillen bei deftiger Bergsteigerkost unseren Hunger. Nach und nach erscheinen auch immer mehr Gäste, hauptsächlich Mopedfahrer wie wir und Mountainbiker.

Mit gefüllten Bäuchen setzen wir den Weg zum Passo Maniva fort. Kurz nach dem Rifugio erwarten uns ein paar Schotterkilometer. Zeitgleich zieht Nebel auf, was der ganzen Landschaft einen etwas surrealen Touch gibt. Am Passo Maniva hat uns der Asphalt wieder, wir halten uns rechts Richtung Bagolino und kehren zum Idrosee zurück.

Anschließend fahren wir nördlich Richtung Storo und überqueren den Paso Ampola (der allerdings kaum als solcher zu erkennen ist). Kurz vor dem Lago dell’Ampola zweigen wir am Rifugio Ampola auf die Tremalzo-Nordrampe ab.

Diese Strasse ist für Motorradfahrer der einzig übriggebliebene legale Weg zum Tremalzo, nachdem in den letzten Jahren konsequent fast alle Schotterpässe um den Gardasee für Motorräder gesperrt wurden. War auch kein Wunder, nachdem in der Mitte der 90er Jahre alles was sich auf 2 oder mehr Rädern fortbewegen ließ, auf dieser Strecke zu finden war. Heute gibt es zwar eine Sonderregelung für Gäste, die mindestens 2 Nächte in der Frazione Tremosine bleiben (also auch für uns), das war aber für dieses Jahr nicht im Plan. Das heißt also: Nordrampe auf gut ausgebauter Asphaltstrasse hoch und auf gleichem Weg wieder retour. Auf der gesamte Strecke begleitet uns an den Straßenrändern Goldregen mit betörendem, süßlichem Duft.

Zurück beim Lago dell’Ampola setzen wie in Richtung Norden unsere Reise fort. Die Strecke zum Ledrosee und weiter zum Gardasee ist unspektakulär und dient nur noch dem zügigen Abspulen der Kilometer.

Ab Riva fahren wir wieder auf der Gardesana Occidentale nach Limone, nehmen aber dieses Mal nicht den Abzweig nach Tremosione direkt im Ort, sondern die mehrere Kilometer südlich abgehende Route. Das ist nun wirklich ein Highlight und ein Meisterwerk italienischer Straßenbaukunst: die „Strada della Forra“ führt auf kühner Trasse durch die Brasaschlucht. Man kann sich kaum vorstellen, dass jahrhunderte lang nur ein steiler Fußweg den Ort Pieve mit dem Gardasee verbunden hat und die Menschen alles Lebensnotwendige (Kohle, Öl, Weizen) auf dem Rücken hinauftragen mussten. Die heutige Strasse wurde erst 1913 gebaut und erzeugt immer noch echte Gänsehaut beim Befahren.

Tipp: beim Ristorante „La Forra“ – in dem man übrigens auch sehr gut essen kann – das Moped stehen lassen und zu Fuss ein gutes Stück zurückgehen. Nur so sind auch alle Details zu erkennen.

In jedem Fall ein angemessener Abschluss des 2. Tages.

Tag 3:

Vesio – Limone sul Garda – Riva del Garda – Torbole – Nago – Mori – Rovereto – Sdruzzina – Valbusi – Pezzo – Composilvano – Bernardi – Sant’Andrea – Sacco – Novale – Recoaro Terme – Valli del Pasubio – Vallarsa – Rovereto - Mori – Nago – Torbole – Riva del Garda – Limone sul Garda – Vesio

Wir verlassen Vesio und schlagen den Weg nach Riva del Garda ein und vor dort aus weiter nach Torbole. Da Sonntag ist, kommen zu den unzähligen ausländischen Feriengästen auch noch badewillige Italienische Wochendurlauber; in beide Fahrtrichtungen geht bald nichts mehr. Für Biker kein Problem, die Autofahrer brauchen schon mehr Geduld.

Weiter nach Rovereto, wo mal wieder im Straßengewühl der rechte Weg nicht zu finden ist. Das passiert mir hier immer!? Da aber die gesamte Crew Flexibilität als Lebensmotto hat, ist der ursprüngliche Plan schnell den Gegebenheiten angepasst: ich drehe die Route einfach um. Also fahren wir südlich an der Etsch, die hier Adige heißt, entlang bis Sdruzzina (heißt wirklich so und kann kaum trocken ausgesprochen werden).

Hier geht es auf einem kleinen, unscheinbaren Sträßchen links ab zum Altiplana dei Monte Lessini. Der Weg führt uns kurven- und abwechslungsreich zunächst südlich ins Veneto, dort später östlich Richtung Valdagno und Valli del Pasubio – mittlerweile im strömenden Regen - an den Fuß des gleichnamigen Berges. Hier wurden die Sperrungen für Motorräder bereits lange vor denen am Gardasee durchgesetzt. Zu viele wollten den geschichtsträchtigen Berg, an dem sich im ersten Weltkrieg Italienische Alpini und österreichische Kaiserjäger gegenüber lagen, mit dem Bike erreichen. Wer heute die ehemaligen Stellungen besichtigen will, muss dies zu Fuß tun. Für weniger Lauffreudige gibt es in der Nähe am Pian delle Fugazze das Ossario del Pasubio, ein Beinhaus zum Gedenken an die Gefallenen.

Mit diesen Gedanken lassen wir den Berg links (oder besser rechts) liegen und folgen der SS46 nach Rovereto. Von hier aus geht es – ohne Orientierungsmängel - weiter auf dem Hauptverbindungsweg über Mori, Loppio und Nago nach Torbole und anschließend nach Riva, Limone und Vesio.

Da wir an diesem Tag vor lauter Fahrgenuss unsere Mittagspause ausfallen ließen, schmeckt das heutige Abendessen und vor allem der Vino besonders gut.

Tag 4:

Vesio – Limone sul Garda – Riva del Garda – Tenno – Lago di Molveno – Lago di Guistina – Fondo – Gampenpass – Meran – San Leonhard in Passeier – Jaufenpass – Sterzing – Brenner – Matrei am Brenner – Pfons – Patsch – Igls – Innsbruck – Seefeld in Tirol – Mittenwald – Walchensee – Kochelsee – Benediktbeuern - Heimstetten

Und schon geht es wieder heimwärts: wir nehmen den bereits hinlänglich bekannten Weg über Limone nach Riva del Garda und folgen hier den Wegweisern zum Lago di Tenno. Vom Tennosee aus, der wegen seiner besonderen, ins Türkis bis Himmelblaue gehenden Farbe auch Lago Azzurro genannt wird, geht es weiter in einer nahezu unberührt wirkenden Naturlandschaft zum Lago di Molveno und weiter über Fondo zum Gampenpass (Passo delle Palade), der auch in nördlicher Richtung reichlich Fahrspaß bietet.

Hier steuern wir Meran an – zum Glück ist es nicht mehr so heiß wie bei unser Anfahrt am Freitag. Dieses Mal zweigen wir aber ins Passeiertal ab. Das nächste Ziel ist der Jaufenpass, die Zufahrt ist jedoch auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens langwierig. Am Jaufen selber haben wir jedoch freie Fahrt, so dass das Biken gleich wieder richtig Spass macht. Beim Befahren der Nordrampe passieren wird den Gasthof "Alpenblick", in dem wir 2 Jahre zuvor übernachtet hatten – Mann,  war das mal wirklich abenteuerlich! Nichts was man weitempfehlen würde.

Am Fuss des Jaufenpasses erreichen wir Sterzing und folgen sodann der Brennerstrasse in Richtung Österreich, nicht ohne im Ort Brenner noch einmal einzukehren und ein letztes Mal die Südtiroler Küche zu genießen.

Nach der Rast befahren wir weiter die Brenner-Bundesstraße und wechseln wie so oft in Matrei am Brenner zur östlichen Talseite Richtung Ellbögen. Dies ist zwar eine kleinere Straße, jedoch hat man hier selten viel Verkehr und kann sogar ein wenig die Landschaft genießen. Der Weg führt uns über Patsch nach Insbruck, wo wir uns in Richtung Zirl einordnen. Der Zirler Berg ist dann unsere letzte Bergstrecke, danach spucken uns die Alpen quasi wieder aus.

Von hier aus nach Hause ist nur Abspulen der letzten Kilometer, mittlerweile reicht es auch jedem und alle haben mehr oder weniger Genug vom Sitzen.

Alles in Allem auf jeden Fall ein traumhafte Vier-Tages-Tour, die in jeder Beziehung ihre Stärken hat: malerische Landschaften, anspruchsvolle Genuss-Strecken und wunderbares Essen. Vom Wein gar nicht zu reden.