Tag 1:

Heimstetten -  Gauting – Starnberg – Berg – Münsing – Degerndorf – Eurasburg - Beuerberg – Königsdorf – Bad Tölz – Jachenau – Walchensee – Wallgau – Mittenwald – Scharnitz – Zirl – Kühtai – Oetz - Timmelsjoch - Breiteben

Wie beinahe jedes Jahr treffen wir uns zum Start in Gauting. Der Weg dorthin verläuft bereits teilweise im Regen – das fängt ja schon mal gut an. Relativ schnell kommt allerdings die Sonne heraus und lässt die Vorfreude auf die bevorstehende Tour bei allen Teilnehmern wachsen.

Wie starten durch das Mühltal nach Starnberg und schlagen uns über Percha auf die östliche Uferseite des Starnberger Sees. Das bis 1962 als Würmsee bekannte Gewässer ist der fünftgrößte See Deutschlands, auf Grund seiner großen Durchschnittstiefe aber der wasserreichste.

Der Ort Berg ist hauptsächlich für den geheimnisumwitterten, bis heute nicht ganz geklärten Tod von König Ludwig II bekannt (nach offizieller Version ertrank er im See, woran bis heute eine Kapelle und ein Holzkreuz im flachen Uferwasser erinnern).

Über die Dörfer geht es weiter nach Bad Tölz und ab hier zunächst am westlichen Isarufer entlang in die Jachenau, die kleinste Gemeinde mit eigener Verwaltung in Bayern. Aufgrund der West-Ost-Ausrichtung hat das 15 km lange Jachental im Sommer vom frühen Morgen bis zum späten Abend durchgehend Sonne. Deshalb bezeichnet sich die Jachenau heute auch als Sonnental.

Aufgrund seiner landschaftlichen Schönheit ist die Region immer wieder Objekt für Dokumentarfilme oder Hintergrund von Spielfilmen der Filmschaffenden aus dem nahen München. So wurden Szenen der Bully-Herbig-Version des „Brandner Kasper“ (Stichwort: „Flammenschwert!“ – „Zäfix!“) auf den Schartnitz Almen gedreht. Dazu waren sowohl die Vordere wie auch die Hintere Scharnitz Alm sehr aufwendig zu einem Bergbauerndorf mit einer kleinen Kirche einschließlich Friedhof umgestaltet worden. Einzelne Jachenauer übernahmen Komparsenaufgaben.

Im Sommer 2008 wurde in der Sachenbacher Bucht die Realverfilmung von Wickie und die starken Männer gedreht. Zu diesem Zwecke wurde dort ein Wikingerdorf (Flake) mit weiterer Ausstattung errichtet. Nach eingehender europaweiter Suche hatte man diesen Drehort erwählt.

Hinter dem Ort Jachenau kommen wir zur Mautstrecke zum Walchensee und münden bei Einsiedel wieder auf die Hauptstraße nach Wallgau.

Der weitere Routenverlauf über Mittenwald, Scharnitz und Seefeld ist eher unspektakulär. Es folgt der Zirler Berg, der in den letzten Jahrzehnten einiges an Herausforderungen eingebüßt hat und danach Axams, der Einstieg zur Bergstrecke zum Kühtaisattel. Hier holt uns das schlechte Wetter wieder ein und auch die Lufttemperaturen sinken - sicherlich auch bedingt durch die überwundenen Höhenmeter – spürbar ab.

In Ochsengarten verbinden wir das Angenehme mit dem Nützlichen, denn in der Zeit, in der wir uns beim geselligen Wirt stärken, fällt auch der meiste Regen. So können wir frisch gestärkt die Tour bei Sonnenschein fortsetzen.

Ab Oetz folgen wir der Hauptroute nach Sölden und freuen uns, dass wir unsere Tour an einem Freitag gestartet haben, denn es herrscht kaum Verkehr. Immer wieder mal begleiten uns kurze Regenschauer, die uns aber die Laune nicht verderben. Lediglich die Kurven verlangen auf Grund der Nässe erhöhte Aufmerksamkeit.

Sölden erscheint mir von Mal zu Mal abstoßender, ist aber sicherlich Geschmackssache. Ich sehe den Ort einfach als Einstieg zum Timmelsjoch, so kann man ihm doch noch etwas Positives abgewinnen. Auch auf der Timmelsjochstraße (Ital: Passo del Rombo = Pass des Dröhnens oder Donners, Maut für Motorräder: 12 €) ist der Verkehr überschaubar, so dass nichts den Fahrspaß beeinträchtigt – höchsten vielleicht die deutlich gefallenen Temperaturen. Das Joch ist der höchste, unvergletscherte Übergang zwischen Reschen- und Brennerpass. Es verbindet das Ötztal mit Passeier. Ab 1919 legte der Friedensvertrag von St. Germain nach dem 1. Weltkrieg hier die Grenze zwischen Italien und Österreich fest, heute ist es Österreichs höchstgelegener Straßengrenzübergang.

Wie immer wimmelt es von Radfahrern, die mir insbesondere in Anbetracht der Kälte sogar einen gewissen Respekt abringen. Punktgenau an der Grenze nach Italien kommt auch noch die Sonne heraus. Somit erfreuen wir uns bei der Abfahrt auf der Südrampe an den wärmenden Strahlen und an trockener Fahrbahn.

Vor der Ankunft in unserem Gasthaus noch schnell die Tanks gefüllt – am nächsten Tag nur keine Zeit verlieren! – und danach die schmale Straße hinauf zu unserer Unterkunft für die nächsten 3 Nächte. Hier akklimatisieren wir uns erst einmal bei Bier/Wein und Speckplatte und lassen etwas später nach dem üppigen 4-Gänge-Menü bei dem einen oder anderen Achtele den Tag im Garten unseres Domizils ausklingen.

Tag 2:

Breiteben – Jaufenpass – Sterzing – Penserjoch – Durnholzer See - Ritten – Bozen – Blumau – Monte San Pietro - Auer – Kaltern – Südtiroler Weinstraße - Meran - Breiteben

So wie der erste Tag endete, beginnt der zweite. Ein reichliches Frühstück erleichtert uns den Start in den Tag. Wir legen erst mal in Richtung Jaufenpass los, überqueren diesen und schlagen uns gleich im Anschluss nach rechts zum Penserjoch. Beide Strecken werden auch nach zig-maligen Befahren nicht langweilig.

Das Penser Joch verbindet das Wipptal (Sterzing) mit dem Sarntal und bildet der Luftline nach die direkteste Verbindung Innsbruck-Bozen. Da es Samstag ist, herrscht spürbar mehr Verkehr. Das erfordert etwas mehr Konzentration – vor allem in den schlecht einsehbaren Kurven. Auf der südlichen Abfahrt zweigen wir in Astfeld links in Richtung Durnholzer See ab. Die Straße liegt landschaftlich ganz wunderbar und ist kaum befahren. Einziges Manko: Ein Verbotsschild am Ortsanfang von Durnholz zwingt uns zum Umdrehen. Da es sich aber sowieso um eine Stichstraße handelt, muss an der ursprünglichen Tourplanung nichts verändert werden.

Zurück auf dem Hauptweg durchs Sarntal halten wir uns wieder südlich. Wieder links abzweigend fahren wir in Richtung Ritten, ein weiträumiges, etwa 1000 – 1200 m hoch gelegenes Plateau nördlich von Bozen. Hier eröffnen sich traumhafte Panoramablick in die östlich gelegenen Gebirgsstöcke des Schlern, der Rosengartengruppe und des Latemars.

Über mehrere kleine Dörfer erreichen wir Oberbozen. Hier ärgert uns zum ersten Mal das Navi. Bisher hatte es uns punktgenau zu den vorher akribisch am Computer geplanten Streckenpunkten geführt. Hier, oberhalb von Bozen klappt wohl plötzlich der Empfang nicht mehr richtig. Das Fahrzeugsymbol bewegt sich auf dem Display deutlich neben der Fahrstrecke und nervt fortwährend mit der Anweisung „Bitte wenden“. Da ich die Strecke auch so einigermaßen kenne, lasse ich mich nicht beirren und die Gruppe setzt den Weg wie geplant fort.

Anscheinend nimmt uns das Gerät das aber übel, denn es führt uns in Oberbozen schnurstracks in eine Straße, die nur mit viel gutem Willen als solche zu erkennen ist und schließlich vor einer Schranke endet. Also den kompletten Schlauch zurück und auf der Hauptstraße – die sich im Übrigen traumhaft durch die Weinberge hinab nach Bozen schlängelt – den Weg fortgesetzt.

Bei Bozen, der Landeshauptstadt Südtirols und Sitz der südtiroler Landesregierung, halten wir uns dieses Mal nördlich. Bozen wird wird zu den großen städtischen Zentren im Alpenraum gerechnet und gilt außerdem als wichtiger Begegnungspunkt zwischen der deutsch-österreichischen und der italienischen Kultur und Wirtschaft. Man merkt, dass das Stadtklima sowohl durch die Kessellage als auch durch die dichte Bebauung beeinflußt wird. Vor allem in der warmen Jahreszeit steigen Wärmebelastung und Schwüle, da der Luftaustausch im Stadtkern stark eingeschränkt ist.

So sind wir froh, dass wir uns nach wenigen Kilometern in Blumau wieder nach rechts in die Berge verdrücken können. Über etliche Kehren gewinnt der Weg schnell an Höhe. Die Wegführung beschreibt einen kleine Bogen nach Süden; in Birchabruck machen wir im Gasthof Kreuz unser Mittagspause. Schnell kommen wir mit dem freundlichen Wirt ins Gespräch und er bewirbt sein Haus eifrig als für Biker gut geeignete Unterkunft. Er scheint auch die Strecken der Umgebung gut zu kennen denn er empfiehlt uns die kürzeste Alternative der insgesamt 3 möglichen Streckenvarianten.

Über Deutschnofen setzen wir die Tour fort und kommen nach Auer, wo die Temperaturen deutlich über den bisherigen, angenehmen und zum Biken idealen, liegen. Zu allem Überfluss hindert uns eine größere Anzahl an Reisebussen am zügigen Vorankommen und so sind wir froh, als nach Auer die Hauptverkehrsstrom abreist und wir wieder flotter weiterkommen. Wir passieren bald den Kalterer See, der mit bis zu 28° im Sommer als der wärmste Badesee der Alpen gilt. Der See ist außerdem der Namensgeber für den in der Umgebung angebauten Wein der Vernatsch-Traube.

Die fortgeschrittene Tageszeit lässt uns den ursprünglichen Routenplan (über den Mendelpass ins Ultental, nach Lana, Meran und zurück ins Albergo) umwerfen und wir nehmen den relativ direkten Weg über die Weinstraße nach Meran. Die Strecke ist zwar landschaftlich weit weniger reizvoll, da außer uns hier aber kaum Fahrzeuge unterwegs sind kommen wir gut voran. Auch die Aussicht auf den Samstagsnachtmittagsverkehr am Mendelpass (Busse, Autos, Motorräder, Radler) half uns schließlich bei der Entscheidung.

In Moos tanken wir wieder unsere Mopeds voll – Selfservice, schließlich sind wir in Italien und es ist Samstag Nachmittag – und überwinden das letzte Stückchen Weg zum Gasthof. Heute lassen wir aber die Speckplatte mal weg und überbrücken die Zeit bis zum Abendessen mit einem oder zwei Bierchen und den Resümees zur heutigen Tour.

Tag 3:

Breiteben – Jaufenpass – Sterzing – Brixen – Luson – Würzjoch – San Martino – Grödner Joch – St. Ulrich – Kastelruth – Seis – Blumau – Bozen – St. Georgien – Jenesien – Flaas – Mölten – Vöran – Hafling – Meran - Breiteben

Wieder starten wir die Tour mit einer Überquerung des Jaufenpasses, dieses Mal setzen wir aber den Weg über Sterzing nach Brixen fort. Hier zweigen wir links nach Lüsen ab folgen der Straße und erreichen im weiteren Verlauf des Weges das Würzjoch. Vor vielen Jahre war ich hier bereits mit dem Motorrad unterwegs, daher kenne ich diese doch eher abgelegene und unbekannte Strecke. Wenn ich mich recht erinnere, war seinerzeit noch keine Asphaltauflage vorhanden. Da es gerade wieder einmal regnet wünsche ich mir fast diese alten Zeiten zurück, denn damals musste man nicht mit schmierigen Kurven rechnen. Trotz schlechten Wetters können wir bei einer kurzen Rast den traumhaften Blick auf Peitlerkofel und Co. genießen, diese scheinen zum Greifen nahe und nehmen fast das gesamte Blickfeld ein.

Das Würzjoch verbindet das Eisacktal mit dem Gadertal und erreicht eine Höhe von 2003 m s.l.m. Weiter geht es auf der Würzjochstrasse nach St. Martin in Badia, von wo aus wir der Hauptstrasse bis Corvara, einer der 5 ladinischen Gemeinden des Gadertals, folgen. Hier sind alle Beschilderungen dreisprachig, was teilweise etwas mehr Aufmerksamkeit erfordert.

Die Erfahrungen des gestrigen Tages lassen mich jetzt schon die Routen etwas kürzen. Dehalb fahren wir nicht wie geplant über den Falzarego, Livinalongo, Pordoi- und Sellajoch (diese Strecken kennen wir außerdem bereits zur Genüge), sondern zweigen direkt aufs Grödner Joch ab.

Obwohl sich bereits die Mittagszeit im Magen ankündigt, entscheide ich, noch etwas zu warten und die Pause nicht in der kalten Passhöhe, sondern lieber im deutlich wärmeren Tal abzuhalten. Da aber wie immer keine adäquate Rastmöglichkeit zur Verfügung steht wenn man sie braucht, dauert es noch ein wenig. So passieren wir St. Ulrich (LUIS TRENKER FOR EVER!), Kastelruth, Seis und Völs, bis wir endlich eine ideale Einkehrmöglichkeit finden. Unter Weinlauben und bei köstlicher und gehaltvoller südtiroler Küche machen wir die längst überfällige Pause.

Der weitere Weg führt uns über Blumau zurück nach Bozen, wo wir dem Wegweiser (respektive Navi) nach St. Jenesien folgen. Die Streckenführung ist gerade auf den ersten Kilometern abenteuerlich und ein weiterer Beweis für die Genialität früherer Straßenbauer. Von St. Jenesien geht es weiter nach Flaas, Mölten und über Hafling nach Meran. Wie fast immer führt uns das letzte Stück des Wege über den Hauptverkehrsweg nach St. Leonhardt und von dort zu unserer Unterkunft.

Nach dem wieder sensationellen Abendessen dürfen wir das WM-Endspiel verfolgen und miterleben, wie die deutsche Nationalelf Ihren 4. Weltmeistertitel erkämpft! Wie soll man so einen Tag noch toppen?

Tag 4:

Breiteben – Jaufenpass - Brenner – Innsbruck – Achenpass – Bad Tölz - Heimstetten

Da gestern der WM-Sieg noch ein wenig gefeiert wurde, starten wir etwas später als an den vorangegangenen Tagen, zumal die Rückreise ein überschaubares Tagespensum darstellt.

Zum letzten Mal an diesem Wochenende und für die meisten auch in diesem Jahr geht es über den Jaufenpass. Montagmorgen scheint hierfür der ideale Tag zu sein, denn außer uns befährt fast niemand die Strecke. Daher haben wir den Pass in Nullkommanix überquert und halten uns in Sterzing in Richtung Brenner.

In Matrei wähle ich meine bevorzugte Strecke über Ellbögen, doch schon nach wenigen Kilometern gibt es kein Weiterkommen mehr: mehrere Kranwägen versperren die Durchfahrt. Nach Aussage der Arbeiter dauert die Aktion noch mindestens bis 17:00 Uhr. Das es kurz vor Mittag ist, wäre uns das ein bisschen zu lange. Also drehen wir um und kehren zurück zur Brenner-Bundesstraße. Zum Glück ist auch hier wenig los und wir können die Maschinen laufen lassen.

Kurze Zeit später kommen wir in Innsbruck an und dürfen uns durch die Innenstadt quälen. Da wäre meine ursprüngliche Routenwahl eindeutig die Bessere gewesen, denn dann hätten wir Innsbruck weiträumig umfahren.

Irgendwann haben wir aber den Stadtrand erreicht und fahren weiter über Hall in Tirol nach Jenbach. Hier möchten wir den westlich der Achenpassstraße gelegenen Nebenweg nehmen. Leider versperrt auch hier nach kurzer Zeit ein Verbotsschild den Weg. Zum zweiten Mal heute heißt es: „Kehrt marsch“. Mit dickem Hals fahre ich an meinen Mitfahren vorbei und zurück zur Hauptstraße. Also nehmen wir doch die Hauptverkehrsroute und rollen zum Achensee.

Der bis zu 133 m tiefe See ist der größte See Tirols (Tiroler Meer) und bildet mit dem Achental die Grenze zwischen dem Karwendelgebirge im Westen und den Brandenberger Alpen im Osten. Mittlerweile melden sich auch wieder unsere Mägen – leider scheinen alle vorbeihuschenden Wirtshäuser montags ihren Ruhetag zu haben. Also lassen wir die Mägen erst mal knurren.

Zumindest können wir noch kurz vor der Grenze die deutlich günstigeren Benzinpreise in Österreich in Anspruch nehmen, bevor wir wieder die Heimat erreichen.

Die Route zum Sylvensteinspeicher ist komplett lehrgefegt und erlaubt eine flotte Gangart. Leider erwischt uns bei Lenggries ein Wolkenbruch, der es in sich hat. Eine Bewährungsprobe für unsere Mopedklamotten. Ab Bad Tölz sind wir aber wieder bei Sonnenschein unterwegs, was die Laune sofort steigert.

Kurz hinter Dietramszell stoßen wir noch auf eine suizidwillige Rehfamilie - am helllichten Tag!. Nur eine schnelle Reaktion und die berühmte Haarbreite verhindern den Crash und einen möglichen bösen Ausgang einer ansonsten reibungslosen Tour.