Tag 1, Freitag:

Heimstetten - Gauting – Perchting – Dießen am Ammersee – Rott – Wessobrunn – Peißenberg – Böbing – Steingaden - Roßhaupten – Pfronten – Fallmühle – Grän – Haldensee – Weißenbach – Hahntennjoch – Imst – Kühtai - Brenner - Jaufenpass - Breiteben

Mal wieder treffen sich alle zur gemeinsamen Abfahrt in Gauting. Schon die Anfahrt dorthin wird zur Geduldsprobe, denn die Strecke über den Mittleren Ring in München ist komplett dicht. Also erscheine ich erst mal ca. 20 Minuten zu spät, so dass alle anderen schon da sind. Aber egal – das soll uns/mir die Freude an der bevorstehenden Tour nicht schmälern.

Also los, nach einer kurzen Begrüßung der Truppe und den obligatorischen Abfahrtsfotos starten wir Richtung Süden.
Das Wetter spielt mit, der Verkehr ist überschaubar und so durchqueren wir das schöne bayerische Alpenvorland zügig. Den „heiligen Berg“, das Kloster Andechs, lassen wir rechts liegen, obwohl sich im Vorbeifahren erste Durstgefühle einstellen. Ein erstes landschaftliches Highlight ist die Abfahrt nach Wessobrunn von Rott kommend. Vor einem liegt das komplette Alpenpanorama! Gibt es etwas Schöneres?

Weiter geht es über Peißenberg durch die Ammerschlucht nach Steingaden und von dort nach Roßhaupten und Pfronten. Ein weiterer echter Genussabschnitt ist die Strecke am ehemaligen Grenzübergang Fallmühle. Hier hat man bereits den Eindruck, in hochalpinen Gefilden unterwegs zu sein, die gut ausgebaute und heute kaum frequentierte Straße macht das Vergnügen perfekt. Auch bei der Abfahrt ins Tannheimer Tal hat man Mühe, die Augen auf der Straße zu lassen, zu beeindruckend ist der Ausblick.

Nächster Abschnitt: Hahntennjoch. Bereits x-mal befahren und trotzdem immer noch nicht langweilig. Die abwechslungsreiche Streckenführung und die sich rasch ändernde Umgebung machen diesen Alpenpass jedes Mal wieder zu einem Erlebnis. Wir Nutzen den Parkplatz an der Passhöhe für einen kurzen Halt. In Imst holt uns jedoch schnell wieder die Realität ein, denn hier scheint sich alle Jahr wieder der gesamte ich-will-unbedingt-nach-Italien-aber-ohne-Autobahn-Reisetross zu treffen. In diesem Jahr ist es allerdings überraschend ruhig und so sind wir schnell nach einem kurzen Tankstopp auf dem Weg zum Kühtai.

Die Überquerung fällt rein zufällig in die Mittagszeit und unsere Mägen schreien nach etwas Essbarem. Nach einer ausgiebigen Pause setzen wird den Weg fort und relativ kurz danach setzt das erste Mal an diesem Tag Regen ein. Schade eigentlich!

Das soll uns aber unseren Spaß nicht mindern, schließlich sind alle gut (sprich: wasserdicht) ausgerüstet und der Niederschlag ist nicht zu stark, so dass der Fahrspaß nur wenig leidet. Kurze Zeit später befinden wir uns – trotz Umleitung – auf der Brennerbundesstraße und auch hier bleibt die erwartete Verdruss Etappe aus, da nur relativ wenige Autos unterwegs sind.

Als es dann nach dem ehemaligen Grenzübergang doch noch ein bisschen fad wird, hält uns der Ausblick auf das kurz bevorstehende Tagesziel und die Vorfreude auf das letzte Schmankerl des Tages wach. Der Jaufenpass ist nach wie vor einer meiner Lieblingspässe! Wenn dann auch noch das Wetter – mittlerweile hat es wieder aufgehört zu regnen – und die Verkehrsdichte mitspielt, ist der Genuss beinahe grenzenlos. Noch mal kurz vor der Passhöhe eine kleine Rast eingelegt und die Truppe gesammelt, schon nehmen wir die Südrampe unter die Reifen und sind kurze Zeit später in unserem Domizil für die kommenden 2 Tage angekommen.

Der Wirt wartet schon mit frisch Gezapftem und nach einer wohlverdienten Dusche beschließen wir den ersten Tag nach einem reichhaltigen 5-Gänge-Menü und südtiroler Roten.

Tag 2, Samstag:

Breiteben – Jaufenpass – Sterzing – Pustertal – Bruneck – Furkelpass – Würzjoch – Gufidaun – Klausen – Barbian – Lengstein – Mölten – Hafling – Meran – St- Leonhardt - Breiteben

Trotz dem gehaltvollen Abendessen, das unsere Bauchnabel glänzen lässt, stellt sich pünktlich zum Frühstück wieder der Appetit ein. Es wäre ja auch ein Jammer, nichts von dem Morgenbuffet mit selbstgebackenen Vinschgerln (so gute habe ich sonst noch nirgends gegessen), Speck, Käse und anderen Leckereien zu bekommen.

Kurz darauf befinden wir uns schon wieder auf dem Jaufenpass und – oh Überraschung – auch in der Gegenrichtung macht es richtig Laune! Trotz des leichten Regens, der schon den ganzen Morgen anhält, kommen wir gut voran und erreichen nach einer ausgiebigen Kurven- und Kehrenorgie Sterzing. Die üblichen Staus an den Kreisverkehren lassen wir schnell hinter uns und halten uns Richtung Brixen. Wie immer ist die Bundesstraße kein großes Vergnügen, aber auch Verbindungsetappen müssen zwischendrin mal sein. In Gedanken sind wir schon bei den Spaßabschnitten des heutigen Tagesplans und das lässt die Kilometer nur so dahinschmelzen.

Wir nehmen die Abzweigung in Richtung Pustertal und wundern uns schon bald über den stockenden Verkehr in der Gegenrichtung. Betrifft uns zum Glück nicht! Scheint aber der obligatorische italienische Wochenende-ich-will-ins-Grüne-Verkehr zu sein. Herdentrieb hoch 3! Nach einer kurzen Pinkelpause setzen wir den Weg fort. Die Strecke ist fahrerisch unspektakulär aber landschaftlich sehr reizvoll, insbesondere am Mühlbacher Stausee. Da wir uns nicht so sehr auf die Straße konzentrieren müssen bleibt mehr Zeit den Blick schweifen zu lassen.

Doch kurz darauf holt uns die Realität hart zurück: Ortsdurchfahrt Bruneck. Hier kann man wirklich nicht von einer Augenweide sprechen. Dazu kommt, dass uns auf Grund der niedrigen Geschwindigkeit auch die Sommerhitze voll trifft. Also, nichts wie raus aus der Stadt und wieder höheren Gefilden, sprich: dem Furkelpass, zugewandt.

Kurz danach, bei St.-Martin in Thurn schlagen wir uns nach rechts zum Würzjoch. Wir haben großes Glück, denn außer uns befährt fast niemand diese wunderbare Nebenstrecke. So gibt es nichts was uns aufhält; man muss eher aufpassen, trotzdem auf plötzlich auftauchenden Gegenverkehr gefasst zu sein. Kurz hinter der Passhöhe machen wir Mittagespause und nehmen in Anbetracht des auch heute wieder zu erwartenden üppigen Abendessens dieses Mal nur einen kleinen Imbiss, Wasser und Cappuccino zu uns. Besser als nichts und die Lebensgeister werden trotzdem reaktiviert!

Doch schon kribbelt es wieder und wir setzen die Tour fort in Richtung St. Peter und Gufidaun, wo wir eine sehr beschauliche und enge Durchfahrt durch den teilweise noch sehr rustikalen Ortskern vorfinden.

Wieder zurück im Etschtal trifft uns die sommerliche Nachmittagshitze mit voller Wucht. Egal ob mit offener Kombi oder mit geschlossener: Temperaturen knapp unter 40° C lassen sogar den Fahrtwind wie aus dem Heizgebläse erscheinen. Deshalb: nix wie wieder nach oben Richtung Barbian, wo eine Umleitung uns doch noch etwas Konzentration abverlangt. Die Nebenstraße führt uns nämlich über sehr enge und steile Kehren von der Hauptroute weg, zwischen den einzelnen Kehren geht es gefühlt maximal 3 Meter geradeaus.

Aber auch die Umleitung bietet uns das, warum wir eigentlich diese Strecke gewählt haben: ein Traumpanorama Richtung Osten mit Blick auf Schlern und Rosengarten, den „Gartl“ des Zwergenkönigs Laurin, den dieser mit dem Fluch belegte, da den Garten kein Mensch mehr sehen sollte, weder bei Tag, noch bei Nacht. Da Laurin aber die Dämmerung vergessen hatte, „blüht“ der Rosengarten bei Sonnenauf- und -untergang. Schöne Geschichte – da kann man die die Gedanke schon mal abschweifen lassen. Natürlich nur ohne die Konzentration auf die Straße zu vernachlässigen!

Leider müssen wir noch mal kurz ins kochende Bozen, aber nur um dieses schleunigst in Richtung St. Jenesien wieder zu verlassen. Diese Straßenführung kann man tatsächlich als abenteuerliche italienische Ingenieursleistung bezeichnen. Im Streckenverlauf helfen zwei 360° (!) Kreisel den Höhenunterschied zu Überwinden. Schräglage mit Drehwurmgefahr!

Die Route über St. Jenesien, Mölten und Hafling (nach diesem Ort wurde die Pferderasse benannt) nach Meran ist angesichts des überschaubaren Verkehrs noch mal eine kurze Genussetappe, bevor wir ins ebenfalls tropisch heiße Meran hinabgleiten. Den Endspurt der Tagestour nach St. Leonhardt in Passeier fahren wir quasi im Schlaf (ist ja auch entsprechend langweilig!) und ein kurzer Sommerregenguss kühlt uns angenehm ab, während wir am Geburtshaus des südtiroler Nationalhelden Andreas Hofer, dem Sandhof vorbeifahren.

Auch an diesem Abend lassen wir nach der Ankunft im Hotel bei einem oder auch zwei Bierchen den heutigen Tag revuepassieren, bevor wir uns nach einer ausgiebigen Dusche wieder mit Gaumenfreuden verwöhnen lassen. An diesem Abend hatte die Wirtin „Erbarmen“ mit uns und die Portionsgröße geringfügig reduziert. Trotzdem sind wir alle am Ende des 5-Gänge-Menüs mehr als satt und sehr zufrieden.

Tag 3, Sonntag:

Breiteben – Jaufenpass – Sterzing – Brixen – Sellajoch – Pso. Di Falzarego – Cortina d‘Ampezzo – Pso. Tre Croci- Auronzo di Cadore – Sauris - Lateis

Und schon heißt es wieder Abschied nehmen von unserem ersten Domizil dieser Tour, denn zur Abwechslung und im Gegensatz zu den letzten Jahren haben wir uns dafür entschieden, bei unserem diesjährigen Trip von zwei Stützpunkten aus zu „operieren“.

Nach dem Beladen der Motorräder, Bezahlen der Rechnung (Preise bleiben stabil!) und einer sehr herzlichen Verabschiedung rollen wir ein letztes Mal zum Jaufenpass. Die in der Morgensonne strahlenden Fontänen der Wassersprenger, die in den umliegenden Obstgärten überall die nötige Nässe an die Pflanzen bringen wirken fast ein bisschen irreal. Einer davon ist sogar so nahe an der Passstraße platziert, dass wir eine kurze unfreiwillige Dusche kassieren, was aber angesichts der am frühen Morgen schon sommerlichen Temperaturen nicht unangenehm ist.

Bei der Abfahrt nach Sterzing merkt man deutlich, dass heute Sonntag ist, denn die nach diesem Tag benannten Autofahrer stellen unsere Nerven auf eine harte Probe. Aber: was hilft es, irgendwann kommen wir auch in Sterzing an und verlassen es wieder auf dem schnellsten Wege nach Süden. Die Ortsumfahrung von Brixen kannten wir bisher noch nicht, sie hilft uns und den anderen Fahrzeugen aber, den Ort möglichst schnell zu passieren.

Bei Klausen schlagen wir uns wieder nach links in die Berge – eine zwar kurze aber traumhafte Panoramastrecke - und halten uns im Grödnertal Richtung Sellajoch. Der rein zufällig gewählte Platz für eine kurze Rast erweist sich als genialer Beobachtungsposten. Kurz hinter Wolkenstein in einer Kehre gelegen bietet die Stelle einen wunderbaren Blick auf die vorbeifahrenden Biker. Auf jeden Fall kurios, wenn auch nicht die Regel, ist die Spezies Fahrer, die zwar eher holprig um die Kurve kommt (Gott sei Dank, dass die Gegenspur frei war), aber immer und unbedingt eine Hand zum Bikergruß frei hat. Na, wenn das nicht sozial ist.

Aber auch wir setzen unseren Weg fort und schrauben uns empor zum Sellajoch. Immer wieder ein Traum – wenn auch heute etwas stärker frequentiert. Die Streckenführung weckt in mir jedes Mal wieder den Wunsch, den verantwortlichen Straßenplaner auf ein Bier einzuladen! Er hätte es sich auf jeden Fall verdient. Insbesondere der Abschnitt nach der Passhöhe ist landschaftlich ein Traum.

Kurz darauf lassen wir den Abzweig zum Pordoijoch links liegen und begeben uns bei Canazei auf die Strecke zum Fedajapass und den gleichnamigen See. Beeindruckend hier ist vor allem der Blick auf die Marmolata, den höchsten Berg und einzigen größeren Gletscher der Dolomiten. Der Name soll übrigens von der Ähnlichkeit des Felsens mit Marmor herrühren. Doch auch hier sind die Folgen des Klimawandels nicht zu übersehen, denn das ewige Eis (stimmt dieses Adjektiv dann überhaupt noch?) geht mehr und mehr zurück.

Der Streckenabschnitt endet in Sottoguda. Wer hier etwas Zeit übrig hat, sollte das Motorrad stehen lassen und die gleichnamige Schlucht zu Fuß durchwandern. Vor einigen Jahren war noch die Durchfahrt mit Motorrad oder Auto möglich. Die wildromantische Schlucht ist ein wahrer Augenschmaus und die 2 Kilometer sind schnell zurückgelegt.

Uns führt der Weg weiter zum Falzaregopass, wo uns der Blick auf die Tofanen den langsam deutlicher werdenden Schmerz in den hinteren Körperregionen kurzzeitig vergessen lässt. Es hilft aber alles nichts, auch wenn heute der dritte Tourtag ist und dieser traditionell ohne größere Mittagspause absolviert wird: ich lenke meine Twin kurz vor Cortina d’Ampezzo auf den Parkplatz einer Wirtschaft und der Rest der Crew folgt mir dankbar. Wir lassen uns Spaghetti, Cappuccino und Aqua Minerale schmecken und bemerken beim Bezahlen, dass das ehemals mondäne Cortina auch heute noch für etwas höhere Preis gut ist.

Gestärkt, leidlich satt und zufrieden schwingen wir uns auf die Bikes und nehmen den Passo Tre Croci unter die Reifen, ein kleiner und unscheinbarer Nebenweg, der aber landschaftlich und streckentechnisch fast mit seinen bekannteren Brüdern mithalten kann. Die Aussicht auf den Monte Cristallo ist ganz wunderbar und so merken wir kaum, wie schnell wir diesen Streckenabschnitt absolviert haben und uns dem Cadore und dem Friaul – korrekte Bezeichnung: Friaul-Julisch Venetien - nähern.

Die Strecke über Auronzo di Cadore ist unspektakulär und erst als wir uns hinter Laggio di Cadore wieder in höhere Gefilde emporschrauben lacht das Bikerherz. Als dann am Abzweig nach Sauris lapidar der Hinweis „aperto“ steht, entspanne ich mich leicht. Nicht selten ist mir hier die Weiterfahrt auf Grund eines Felssturzes oder ähnlichem verwehrt gewesen. Das Friaul ist als tektonisch unruhiges Gebiet verrufen und kurz kommen mir die beiden Erdbeben im Jahre 1976 in den Sinn, die etwa 1.000 Todesopfer forderten.

Bei einem meiner Besuche vor etlichen Jahren war die gesamte Straße abgerutscht, was uns einen Umweg von ca. 80 km einbrachte. Aber heute scheint uns alles gewogen und wir fahren auf der letzten Spaßetappe dieses Tages über Ober- und Untersauris zu unserer neuen Unterkunft nach Lateis.

Beim Durchfahren der Ortschaften merkt man deutlich, dass es sich hier um eine deutsche Sprachinsel (Sauris = dt. Zahre) handelt, auch wenn dies nach und nach verblasst, weil nur noch die alten Bewohner diese Sprache sprechen und pflegen. Aber die offiziellen Schilder sind immer noch zweisprachig gestaltet.

In unserem Hotel angekommen, steht zwar der Wirt nicht schon mit den Bieren bereit, aber nachdem wir diese selbst geordert und kurz darauf serviert bekommen haben schmecken sie uns trotzdem sehr gut. Und verdient haben wir sie auf alle Fälle!

Zum Abendessen gibt es hier „nur“ ein 3-Gänge-Menü und die Portionsgrößen sind auch nicht so ganz üppig, aber zum Satt werden reicht es allemal. Vom Geschmack ganz zu schweigen. Die angebotenen regionalen Spezialitäten sind nicht so bekannt wie beispielsweise in Südtirol, aber auf jeden Fall sehr, sehr schmackhaft. Dazu gibt es einen heimischen Weißwein, der ebenfalls sehr süffig ist.

Wir beschließen den Abend mit einem Correto und fahren in Gedanken ein letztes Mal die heutige Strecke ab.

Tag 4, Montag:

Lateis – Ampezzo – Tolmezzo – Amaro – Chiusaforte – Predilpass – Mangart – Bovec – Tarcento - San Daniele del Friuli – Tramonti – Ampezzo – Lateis

Auch das Frühstück in unserem neuen Stützpunkt unterscheidet sich vom Gewohnten. Leckere, hausgemachte Hörnchen für den süßen Gaumen und Sauriser Speck und Käse für die, die es eher herzhaft wollen. Lediglich das Weißbrot ist gewöhnungsbedürftig, da es eher rösch ist und wie aufgebackenes vom Vortag erscheint.

Das erste Etappenziel des Tages heißt Tanken, da fast alle von uns bereits von den Spritreserven zehren. In Ampezzo, welches wir über eine abenteuerliche, von etlichen Tunneln durchzogene Strecke erreichen, gibt es noch eine kleine Dorftanke, in der die Chefin selbst bedient. Kurz darauf setzen wir den Weg fort und folgen der Hauptstraße nach Tolmezzo und weiter nach Chiusaforte. Ab hier erscheint es, als ob wir die letzten Biker der Welt wären. Weit und breit kein Mensch unterwegs. Nur vereinzelt ein paar versprengte Autofahrer, die aber schnell überholt sind.

Wir gelangen nach Sella Nevea und schauen das wir so schnell wie möglich wieder weg kommen. Eine Retortenstadt, wie Sie hässlicher nicht sein kann. Das heutige trübe Wetter verstärkt diesen Eindruck noch. Das dazugehörige Skigebiet ist im Sommer natürlich verwaist. Vermutlich würde es ein Tourismus- oder Marketingexperte eher als „Ressort“ bezeichnen – schöner wird es dadurch auch nicht. Nix wie weg!

Die anschließende Straße zum Predilpass und den gleichnamigen See lässt uns den Ort, der in uns die Angst vor Augenkrebs geweckt hat, aber schnell wieder vergessen. Wir überqueren die Grenze nach Slowenien, wo unser Ziel die Mangartstraße ist, der höchste Straße in Slowenien. Der Weg dorthin ist eher schmal und wir staunen über die hier aufgestellten Verkehrsschilder mit herumkugelnden Motorradfahren, welche wohl vor gefährlichen Streckenabschnitten warnen sollen.

Kurz darauf stehen wir vor der Mautstation für die Mangartstraße. Das Befahren kostet 5 € und ich bezahle gleich für die ganze Gruppe, um die Prozedur ein wenig abzukürzen. Leider wird von Höhenmeter zu Höhenmeter das Wetter schlechter und als wir in die Wolkendecke hineinfahren ist die Sicht gleich null. Zum Glück haben wir nur ganz vereinzelt Gegenverkehr. Plötzlich stehen wir vor einen Sperrschild, welches uns die Durchfahrt auf Grund eines Felssturzes verwehrt. Ein kurzer Kontrollblick bestätigt dies. Mist! Das hätten die an der Mautstation aber auch sagen können. Wobei – dann wären wir vielleicht gleich umgedreht und es wäre Essig mit den Einnahmen gewesen! Was soll‘s, es lässt sich nicht mehr ändern und 5 € sind zu verschmerzen.

Wir nutzen den Zwangsstopp für eine kurze Pause. Da die Wolkendecke immer noch nicht verschwunden ist, können wir auch keine Aussicht genießen. Im Normalfall hätten wir hier einen wunderbaren Blich auf den höchsten slowenischen Gipfel, den Triglav. Es hat aber heute nicht sollen sein, also fahren wir zurück.

An der Einmündung der Mangartstraße halten wir uns links Richtung Bovec. Relativ schnell fällt uns der penetrante Geruch von Kupplungs- oder Bremsbelägen auf, der auch nicht aufhört, nach dem wir alle potenziellen Urheber überholt haben. Der Verdacht, dass es sich um eines unserer Bikes handeln könnte, wird schnell widerlegt als wir einige hundert Meter vor uns ein Wohnwagengespann mit rauchenden Bremsen am Anhänger entdecken. Respekt, dass nenne ich mal Coolness! Fährt ganz entspannt seinen Weg, während der Wohnwagen kurz vor dem Abfackeln steht. Vorbeifahren und kurz warnen geht leider auf Grund des Gegenverkehrs nicht. Als die Strecke flacher wird, hört auch das Rauchen wieder auf. Als ich gezwungenermaßen eine Weile hinterherfahre, fällt mir auf, dass der Fahrer auch sonst etwas überfordert mit seinem Gespann ist. Und als ich schließlich endlich eine Gelegenheit zum Überholen finde, kann ich dem Fahrer nur durch beherztes und ausgiebiges Hupen davon abhalten, mich nach links in den Graben zu drängen. Das war wirklich eng!

Kurze Zeit Später hat uns Bella Italia wieder. Wir durchfahren die norditalienischen Ebene und können es kaum erwarten, wieder ein paar Berge um uns zu haben. Nachdem Montag ist und viele Restaurants einen sehr geschlossenen Eindruck machen, beschließen wir, auf dem schnellsten Weg unser Hotel zu erreichen und uns dort einen kleinen Nachmittagsimbiss zu genehmigen. Der Hunger hat sich bei allen deutlich eingestellt und so wird nicht lange diskutiert. Doch vor das Essen hat die Vorsehung (oder wenn man so will: das italienische Straßenbauamt!) den Passo Rest gesetzt.

Hier kann man sich noch mal voll verausgaben. Wenn ich richtig gezählt habe (nicht während der Fahrt natürlich, sondern später in der Karte) kann der Pass mit 47 Kehren aufwarten. Viele von Ihnen sind so kurz nacheinander, dass man den geraden Teil kaum wahrnimmt, geschweige denn in einen höheren Gang schalten muss. Da geht das Bikerherz auf. Außerdem: kaum vorhandener Gegenverkehr. Ist also kaum zu toppen!

Der Passo Rest mündet kurz nach Ampezzo, somit ist auch der Endspurt zum Hotel nur ein Klacks. Die Speckplatte(n) und das kühle Bier sind nach diesem Abschluss ein Offenbarung. Wenig später ist alles bereit zum Abendessen, welches wieder ganz wunderbar mundet und uns satt und sehr, sehr zufrieden macht.

Tag 5, Dienstag:

Lateis – Ampezzo – Tolmezzo – Plöckenpass – Mauthen – Oberdrauburg – Heiligenblut – Großglockner – Zell am See - Mittersil – Kufstein – Thiersee – Bayrischzell – Miesbach – Heimstetten

Bereuet! Das Ende ist nahe!

Das Ende unsere Tour nämlich. Leider! Kaum ist man im richtigen Rhythmus und hat das Kurvenschwingen verinnerlicht, geht es auch schon wieder nach Hause. Das heißt für unsere Crew allerdings nur: schon im nächsten Jahr gibt es mehr davon! Ist halt noch ein Weilchen hin. Erstmal heißt es wieder: Frühstücken, Aufladen und Bezahlen. Auch hier sind die Preise relativ stabil. Noch ein kurzer Stopp bei der Dorftanke in Ampezzo und los geht es Richtung Plöckenpass.

Keine besonders schöne Strecke, aber immer mit der Erinnerung an meinen ersten motorisierten Zweiradurlaub verbunden. Hihi – das waren noch Zeiten: 80 ccm und die volle, ungezähmte Power von 9 PS unter dem jugendlichen Hintern. Die Strecke München – Bibione in knapp 12 Stunden – selbstverständlich ohne Autobahn! Ehrensache! Reicher an Jahren und gottlob auch an Pferdestärken gehen wird die Etappe dieses Mal an.

Der Plöckenpass – bei meiner persönlichen Erstbefahrung lernte mein Freund und Begleiter in einer der Kehren schmerzlich die Grenze der Haftfähigkeit von Mopedreifen bei Nässe kennen - ist schnell überwunden, obwohl hier etwas mehr Verkehr ist als auf den Strecken der vergangenen Tage. Auch das Wetter ist heute nicht so besonders, wenn auch trocken.

Als nächste Etappe steht der Gailbergsattel an und dann geht es schon weiter zum Großglockner. Das ist doch tatsächlich mal eine Premiere für mich! Bisher hatte ich die „Königin der Alpenstraßen“ nur einmal mit dem Auto befahren. Dies war wegen der damals meterhohen, auf beiden Seiten der Straße aufragenden Schneemassen auch ein Erlebnis. Aber natürlich kein Vergleich zum Überqueren mit dem Bike.

An der Mautstation ist kaum etwas los und wir nutzen den kleinen Parkplatz kurz dahinter zum Sammeln der Truppe und für eine kleine Rast. Die Gebühr von 25 € ist sehr stolz, auch für diese perfekt ausgebaute Straße. Ich versuche mal hoch zu rechnen, was an einem hochfrequentiertem Tag so eingenommen wird, höre aber schnell damit auf, bevor mir schwindlig wird. Egal – man gönnt sich ja sonst nichts.

Immer wieder interessant, wie rastende Biker wie wir Andere zum Posen animieren können. Ein Pärchen GS-Piloten aus Köln und Düsseldorf (kann das überhaupt sein?) sind zwar mit der Mautdurchfahrt und dem Bezahlen sichtlich überfordert, lassen es sich im Anschluss daran aber nicht nehmen, mit jaulenden Motoren und Drehzahlen jenseits der Wohlfühlgrenze an uns vorbei zu fahren. Natürlich darf der Bikergruß nicht fehlen! Logo!

Auch schön zu sehen ist, was sonst noch so unterwegs ist, vor allem die Oldtimer von der 4-rädrigen Fraktion. Echte Schätzchen sind darunter! So treffen wir auf etliche Citroen Traction Avant, besser bekannt als Gangster-Limousine! Sechzig Jahre auf dem Buckel und noch immer rüstig in den Bergen unterwegs. Dagegen erscheint meine Twin mit ihren 20 Jahren wie ein Teenie.

Wir lassen uns aber nicht beirren und setzen den Weg mit unserem gewohnten Rhythmus fort. Je höher wir kommen, desto schlechter wird die Sicht und umso kälter wird es. Brrrr! Kalte Finger hatte ich schon lange nicht mehr. An der Passhöhe ist ein Fahren auf Sicht beinahe nicht mehr möglich. Mehr schlecht als recht „tasten“ wir uns vorwärts. Plötzlich sind unsere Poser hinter uns! Irgendwo im Nebel haben wir sie wohl überholt. Die schlechte Sicht scheint sie nicht in Ihrer Fahrweise einzuschränken und nachdem sie sich eine Weile in mein Kennzeichen verbissen hatten, lasse ich sie vorbefahren. Und Tschüss!

Kurz darauf wird auch der Nebel immer durchlässiger und verschwindet schließlich ganz. Am Ende der Mautstrecke sammeln wir wieder die Truppe zusammen und setzen den Weg fort. Eine kurze Kaffeepause bei den Schwiegereltern eines Teammitgliedes ist eine willkommene Unterbrechung der Tour und der von der Sonne beschienen Terrassenplatz wärmt die von der hochalpinen Kälte durchgefrorenen Knochen ganz wunderbar.

In Zell am See müssen wir uns kurz durch des Verkehrschaos mehrerer Kreisverkehre kämpfen, meistern dies aber zügig und befinden uns wenig später auf der Pinzgauer Bundesstraße in Richtung Mittersil. Dort schwingen wir uns auf den Pass Thurn und auf der drüberen Seite geht es weiter nach Kitzbühl. Leider ist hier relativ viel los, wahrscheinlich weil Urlaubs- und Berufsverkehr zusammenkommen. Auch an ein Vorbeifahren ist kaum zu denken, zu dicht ist der Gegenverkehr. Aber auch diese Etappe geht vorbei und wenig später füllen wir in Kufstein unsere Tanks mit dem günstigeren Ösi-Sprit.

Hinter Kufstein schlagen wir uns nach links Richtung Thiersee, von dort aus weiter zum ehemaligen Grenzübergang Landl, nach Bayrischzell, Schliersee und Miesbach. Die letzten Kilometer unseres diesjährigen Trips werden heruntergespult und die Gefühle wechseln zwischen der Erleichterung, endlich die strapazierten 4 Buchstaben zu entlasten und der Wehmut, dass uns ab morgen der Alltag zurück hat.

Alles in Allem war es wieder eine wunderbare Tour mit den bewährten Protagonisten und vor allem: ohne Zwischenfälle.